Zum 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz haben Schüler*innen unseres Gymnasiums zur Gedenkveranstaltung am späten Nachmittag in der Bibliothek Radebeul Ost ein berührendes Programm mit Musik, Bildern und Texten sowie Gedichten vorbereitet und dargeboten. Die Jugendlichen hatten selbst in diesem Jahr oder bereits vor 2 Jahren an einer Exkursion nach Polen und auch Auschwitz teilgenommen, dort die Lager besucht, in Gesprächsgruppen gearbeitet, Zeitzeug*innen gehört und fotografiert. Mich haben nicht nur jede Melodie, jedes Gedicht und jedes Bild berührt, sondern vor allem die Ernsthaftigkeit und dennoch Lebendigkeit der Vorträge. Dem schrecklichen Anlass eine würdige Stunde des Innehaltens zu geben, das ist es, was unseren Schüler*innen in besonderer Weise gelungen ist. Ich war tief beeindruckt und danke euch für diesen Nachmittag. Das nachfolgende Gedicht von Georg Müller aus der 11. Klasse habe ich für die Schulhomepage ausgewählt.

Der Rundgang

Er ist ein Fremder, ist ein Gast,

er könnt` nie schaun das wahre Leiden,

auf seinem Weg, in aller Hast,

er sollt‘s nicht scheuen, soll´s nicht meiden.

 

So geht er ein

und sieht –

 

Die Neuen –

erleichtert und noch voller Hoffnung,

voll Unschuld und zugleich verdammt,

die einen, rasch den Tod zu lieben,

während im Lager sie vergehen.

Und andre schnell soll‘n sein verbrannt

als dass ihn‘ nie ihr Leben sei beschieden.

 

Die Kinder –

Von Kindheit wahrlich nicht zu sprechen,

als sie in eisig kalter Nacht,

getrennt von Eltern und Familie

an diesen dunklen Ort gebracht,

wo nur noch ihre Träume bleiben,

die kaum wohl einer von den ihnen,

in Wirklichkeit erleben darf.

 

Und er geht weiter

und hört –

 

Die grausam‘ Schläge, die ein Mann

zu Unrecht hart erleiden muss.

Das schrille Kreischen von hundert Bremsen,

als da ein Zug

die seine Menschenfracht entlädt,

in einem nie versiegend` Guss.

 

Das Schreien, das Brüllen,

aus tausenden Kehlen,

die einen – die Wachen, sie treiben stets an,

die andren – die Häftlinge, die Kinder, die Alten,

wie wertloses Vieh, zum Schuften gehalten,

der Tode dem, der nicht mehr arbeiten kann.

 

So geht er weiter

und riecht –

 

Den Rauch,

der alles ist was bleibt,

von denen die grausam ihr Leben verloren,

verbrannt, als wären sie nie geboren,

gezielt und geplant um ihr Leben gebracht,

zum Vergessen an diesen Ort geschafft.

 

Und er verlässt den Ort auf seinem Wege,

doch weiß, dass, wenn er morgen wiederkehrt,

sich kaum wohl eine Hoffnung rege,

das Lager weiter gnadenlos,

die Insassen verzehrt.